Wenn Beziehungen uns krank machen

Wenn Beziehungen uns krank machen

Ein Gastartikel von Daniela Girg / Yogalehrerin und systemische Therapeutin

Alles in unserem Leben ist Beziehung. Auch wenn wir beim Thema Beziehung zuerst an die Beziehung zu unserem Partner denken, so stehen wir auch in Beziehung mit unseren Kindern und Eltern. Bei jedem zwischenmenschlichen Kontakt gehen wir eine kurze, wenn auch meist wenig emotionale, Beziehung mit unserem Gegenüber ein. Wenn wir von Beziehung sprechen, sollten wir uns auch immer die Beziehung zu uns selbst anschauen. Ohne eine gute Beziehung zu uns selbst, werden wir Schwierigkeiten haben tragfähige Beziehungen zu anderen aufzubauen. Beziehung müssen wir selbst gestalten. Wenn wir das Wort Selbstbewusstsein einmal in seine Einzelteile zerlegen, erhalten wir „sich seiner selbst bewusst sein“. Was bedeutet dies für mich? Bin ich mir meiner selbst bewusst? Bin ich ganz bei mir während der Dinge die ich tue? Nehme ich mich und meine Gefühle bewusst wahr?

 

System der Spiegelneuronen sind die Grundlagen von Beziehungen

Die neurobiologische Grundlage von Beziehung ist das System der Spiegelneuronen. Spiegelneuronen sind Zellen, die im Gehirn während der Betrachtung eines Vorgangs die gleichen Reize auslösen, wie sie entstehen würden, wenn dieser Vorgang nicht bloß (passiv) betrachtet, sondern selbst (aktiv) durchgeführt werden würde. Wie oft mussten wir schon gähnen weil unser Gegenüber gähnt oder wie oft hat uns das Lachen eines anderen „angesteckt“? Wenn wir eine Gitarrensaite zupfen, bringen wir die anderen Saiten des Instruments auch zum Schwingen, wir erzeugen eine Resonanz. Mitgefühl, Freude, aber auch Schmerzen zu empfinden, ist auf diese Weise möglich. Eine wichtige Rolle bei der Funktion der Spiegelneuronen spielen die Vorerfahrungen, die wir gemacht haben. Wenn wir z.B. einen tyrannischen Chef hatten, werden unsere Spiegelneuronen bei jedem Vorgesetzten anders „anklingen“ als wenn wir immer freundliche Chefs hatten. Das Kind dessen Lächeln erwidert wird, wird anders auf Menschen zugehen, als das Kind dessen Lächeln nicht wahrgenommen wird.

 

Was bedeutet eine emotionale Beziehung?

Eine emotionale Beziehung bedeutet den Anderen nah an sich ran zu lassen und sich damit auch verletzlich und angreifbar zu machen. Wir sehnen uns danach so angenommen zu werden wie wir sind. Wenn wir eine, vielleicht auch nur unterschwellige, Angst davor entwickeln haben abgelehnt zu werden, geraten Beziehungen aus dem Gleichgewicht. Diese Angst tritt besonders dann zu Tage, wenn wir Veränderungen in unserem Leben erfahren. Genau dann sehnen wir uns nämlich besonders danach angenommen und bestätigt zu werden. Verletzende Erfahrungen aus der Vergangenheit prägen unseren Umgang mit Situationen in denen wir Bestätigung und Anerkennung gebraucht hätten und diese nicht bekommen haben. Manchmal treten Muster aus der Kindheit zu Tage die uns unbewusst wieder zum kleinen Kind werden lassen, dass vielleicht am Liebsten trotzig auf den Boden stampfen würde und laut „ich will aber“ ruft.

Kinder gehen mit Beziehungen sehr locker um. Wie oft hört man im Kindergarten den Satz „Du bist nie mehr mein Freund/meine Freundin“? Eine halbe Stunde später sieht man die beiden dann wieder einträchtig gemeinsam spielen. Bei Kindern ist das Unterbewusstsein in der Regel noch nicht mit vielen ablehnenden Erfahrungen gespickt, so dass der Satz „Du bist nie mehr meine Freundin“ gar nicht erst andocken kann und damit auch nicht als emotional belastend eingeordnet wird.

Im Erwachsenenalter haben wir aber oftmals schon einen ganzen Rucksack mit negativen und ablehnenden Erfahrungen auf dem Rücken. Jeder in der Beziehung hat seinen eigenen Rucksack mit seinen eigenen Erfahrungen. In Beziehungen hören wir aber erst einmal nur unsere eigene innere Stimme und unterbewusst erinnern wir uns an Situationen die früher ähnlich verlaufen sind. Unser Gegenüber hat aber auch einen eigenen Rucksack auf dem Rücken mit seiner eigenen inneren Stimme und seinen eigenen Erfahrungen im Gepäck. Wir können den Rucksack des anderen nicht vollständig einsehen und verstehen, wir können aber Annehmen und Akzeptieren was gerade sichtbar ist – dem Anderen zeigen das er ok ist, genauso wie er ist. Ich zitiere dazu gerne Thomas Weil, der sagte „Wir sind durch Beziehung krank geworden. Also werden wir auch durch Beziehung, heilsame Beziehungserfahrungen, wieder gesund.“

Wissenswertes über unsere Gastautorin

Daniela Girg  ist Yin Yogalehrerin und systemische Therapeutin. In ihrer Praxis beziehungsweise verbindet sie beide Methoden um Körper und Geist in Einklang zu bringen und heilsame Beziehungserfahrungen möglich zu machen. www.daniela.girg.de

Ein Gedanke zu „Wenn Beziehungen uns krank machen“

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